Brexit – der europäische Binnenmarkt im Rückwärtsgang

25.04.2019 18:30:00 Uhr
Hörsaal 1098
Dr. Karl von Wogau
Ehrenmitglied des Europäischen Parlamenst

Buchvorstellung mit anschließender Diskussion

Dr. Karl von Wogau hat als Europaabgeordneter von 1979 bis 2009 das südwestliche Baden-Württemberg im Europäischen Parlament vertreten. Schwerpunkte seiner Tätigkeit waren die Schaffung des Europäischen Binnenmarktes, die Einführung einer stabilen Europäischen Währung sowie der Weg zu einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Die Schaffung des Europäischen Binnenmarktes war mit einem massiven Bürokratieabbau verbunden. In seinem Vortrag wird Karl von Wogau darstellen, was es für die EU bedeuten wird, wenn das Vereinigte Königreich, das den gemeinsamen Markt maßgeblich mitgestaltet hat, diesen verlassen wird. Oder steckt in dieser Zäsur möglicherweise eine Chance für die Neugestaltung Europas? Europa, so Karl von Wogau, muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden!

Zusammenfassung

Der Brexit hält Europa in einem Zustand angespannter Unruhe und die komplizierte politische Situation in Vereinigten Königreich vergrößert die Ungewissheit über das künftige Verhältnis mit der EU. Diese Unsicherheit hat Dr. Karl von Wogau dazu veranlasst, sich über die Zukunft des europäischen Binnenmarktes Gedanken zu machen. "Brexit – Der Binnenmarkt im Rückwärtsgang" sei vor allem entstanden, weil er sich gefragt habe, ob man für den Umgang mit dem Brexit aus den Herausforderungen lernen kann, die das Europäische Parlament bei der Schaffung des Binnenmarktes mit Beginn der 1980er Jahren mehr als eine Dekade beschäftigt haben. Von Wogau war als Mitglied des Europäischen Parlaments ab 1979 selbst maßgeblich an den damaligen Verhandlungen beteiligt. In dieser Zeit sei deutlich geworden, dass der gemeinsame Markt nicht nur die Abschaffung der Zölle verlange. Vielmehr könne der Binnenmarkt nur durch die Schaffung gemeinsamer Standards und die Zusammenarbeit der kontrollierenden Behörden funktionieren. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung sei zum wichtigen Instrument geworden, um unsichtbare Grenzen abzubauen. Als besonders schwieriger Fall habe sich dabei die Steuerpolitik herausgestellt. Jedoch sei, so von Wogau, eine vollkommene Harmonisierung nicht notwendig, da der Wettbewerb von Steuersystemen und Infrastrukturangeboten ausreichende Mechanismen zum föderalen Wettbewerb biete. Nach 25 Jahren Binnenmarkt stehe die EU nun am Scheideweg – durch den Brexit, Populismus und neuer Binnengrenzen. Dabei werde der Brexit vor allem für Großbritannien selbst massive Kosten verursachen, deren Höhe von der regulatorischen Distanz zum Binnenmarkt abhängen werde. Unter den EU-Mitgliedern träfen vor allem die Niederlande und Deutschland ökonomische Kosten. Hierzulande noch immer unterschätzt würden außerdem die Folgen für Irland, dem nicht nur die höchsten ökonomischen Kosten, sondern durch eine mögliche harte Grenze unmittelbare Gefahren für den Frieden drohen könnten.